Glocken

In unserer Kirche hängen 5 historische Glocken, die im Glockenatlas Bd. I Bayr. Schwaben, München 1967 vermerkt sind.

Kaum jemand denkt über Kirchenglocken nach, dabei sind diese Kultgegenstände sehr alte Begleiter der Menschen. Schon während der Römerzeit wurden die ersten Christen mit Schellen zum Gottesdienst gerufen, später entstanden erste Glocken aus Eisenblechen. Mit dem kunstvollen Guss aus wohlklingender Bronze – einer Legierung aus Kupfer und Zinn – begann die Geschichte der Kirchenglocken.

In der Festschrift des Musikvereins von 1990 ist im Beitrag von Alfred Reißner auf S. 63 f. zu lesen:

„…dass zur Aufgabe des Mesners das Wetterläuten gehörte. Im Jahre 1750 gab es einen fleißigen Mesner, der zur Sommerszeit bei vielfältig sich ergehenden harten und schweren Ungewittern, zu denen er fleißig mit so stark und schwerem Geläut von 5 Glocken geläutet, dass in 17 Jahren (dem Allerhöchsten sei unendlicher Dank) kein Unglück von Schauer und Wetterschlägen nicht über das Feld gegangen (…), während in der Nachbarschaft öfter großer Schaden gewesen.

Die große Glocke aus dem Jahre 1400 mit 28 Ztr. 49 Pfund ist am Fest Mariä Verkündigung 1776 zersprungen, und weil auch die zweite nicht mehr sauber klang, hat man sie beide vom Glockengießer Arnold aus Dinkelsbühl umgießen lassen. Die „Große Glocke“ trägt im oberen Ring die Inschrift: Preiset den Herrn, all ihr Werke des Herrn, lobt ihn über alles in Ewigkeit. Sie ruft uns mit jedem Tone zu: Preist den Herrn zusammen mit den Elementen, zusammen mit den Pflanzen und Tieren, zusammen mit allen unsichtbaren Wesen! – Die zweite Glocke heißt Elferin oder Segensglocke, die dritte Zwölferin oder Angelusglocke, die vierte Wetterglocke, die fünfte „die Kleine“ oder Kindsglocke.

Im Ersten Weltkrieg durften sie im Turme bleiben. Die Läutezeichen und –zeiten waren durch Jahrhunderte schriftlich vereinbart. Die Leute wussten, ob ein Mägdlein oder Knäblein, eine Weibs- oder Mannsperson verschieden war. Bei der Eröffnung des Grabes musste wenigstens eine Stunde lang geläutet werden, für Fremde wurde das Grab in aller Stille geschaufelt. Auch heute noch erkennt man am Scheidungsläuten, ob eine Frau oder ein Mann gestorben ist. Die Läutbuben haben sich bis zuletzt an den Wänden des „Chörle“ verewigt. Allgemein ist das Läuten einfacher und kürzer geworden, wird elektrisch und zum Teil von der Schaltuhr in der Sakristei besorgt, die auch die Turmuhr steuert. Seitdem steht das ruhig schwingende Perpendikel mit der Jahreszahl 1827 still und man kann auf der Rückseite des Perpendikelblattes lesen: Die Uhr treibt das Gewicht und nicht Gottes Pflicht.“

1942 wurden 4 Glocken zu Kriegszwecken eingezogen.

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Es wurden insgesamt ca. 90000 Glocken nach Hamburg geschafft. Diese wurden in vier Gruppen nach A, B, C oder D eingeteilt. Aufgrund des Alters wurden unsere Glocken vermutlich in Gruppe D eingestuft und waren somit zu schützen. Ca. 77 % der abgelieferten Glocken wurden sofort eingeschmolzen. Nach Kriegsende verblieben auf dem „Glockenfriedhof“ ca. 13500 Glocken. Durch unsachgemäße Lagerung (die Glocken wurden teilweise gestapelt) und auch durch Bombenangriffe entstanden bei vielen Glocken Risse.

Die Schüler in Oberostendorf zur damaligen Zeit mussten die Ornamente und Inschriften der Kirchenglocken bei Pfarrer Michael Bickel auswendig lernen. Durch eine glückliche Fügung, entdeckte Frau Erna Rehle (eine gebürtige Oberostendorferin) bei einem Spaziergang mit einem Piloten unsere Kirchenglocken in Hamburg. Der Heimtransport mit der Bahn war sehr teuer und wurde auf 2 Fahrten aufgeteilt. Im Juli 1948 war es dann soweit. Auf dem entsprechenden Bild in der Festschrift des Musikvereins von 1990 sieht man einen Wagen mit einer Gocke bei der Rückkehr, begleitet von 12 Kindern – 9 davon sind Kommunionkinder im weißen Kleid. Welch eine Freude!

Im Jahr 2010 ist bei der großen Glocke der Klöppel abgebrochen und beim angrenzenden Nachbarn im Dach eingeschlagen. Mit Hilfe eines Autokranes wurde die Glocke aus dem Turm geholt und von Herrn Andreas Steinheber nach Ulm zur Reparatur gefahren. Dabei wurde festgestellt, dass die verwendeten Klöppel aus Stahl waren und somit viel zu hart für die Bronzeglocken. Bei einem Glockenfest im Juni 2010 wurden von Pfarrer Dr. Joachim Gaida die Glocken neu geweiht und die unbrauchbaren Klöppel für insgesamt € 4000,- versteigert.

Glocke 1

Schlagton d’, Ø 134 cm, Höhe 106 cm, Gewicht ca. 1.400 kg, gegossen 1776 in Marktoberdorf von Joseph Arnoldt I. aus Dinkelsbühl.

Glocke 2

Schlagton f’, Ø 109 cm, Höhe 86 cm, Gewicht ca. 750kg, gegossen 1776 von Joseph Arnoldt I. aus Dinkelsbühl (siehe Glocke 1)

Glocke 3

Schlagton a’, Ø 91 cm, Höhe 72,5 cm, Gewicht ca. 440kg, gegossen 1763 von Johann Melchior Ernst in Memmingen

Glocke 4

Schlagton ca. e‘‘ Vigilglocke, Ø 66,5 cm, Höhe 57,5 cm, Gewicht ca. 140kg gegossen 1763 von Joh. Melchior Ernst in Memmingen.

Glocke 5 (Sterbeglocke)

Schlagton ca. fis‘‘, Ø 41 cm, Höhe 32 cm, Gewicht ca. 90kg, gegossen 1680 von Otto Sartor, Kempten